Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken
Die Berechtigten haben ein Wahlrecht zwischen den verschiedenen Formen, in denen Dokumente zugänglich gemacht werden können. Es kommen insbesondere in Betracht:
- Großdruck oder Blindenschrift,
- Auflesen auf handelsübliche Tonträger,
- Vorlesen, auch am Telefon,
- Übersenden per E-Mail.
In der Praxis gilt es zu beachten, dass das Lesen von Dokumenten für "hochgradig" sehbehinderte Menschen unter Einsatz von Hilfsmitteln wie Lesegerät oder Lupe möglich ist, wenn folgende Grundsätze beachtet werden:
- Die Dokumente/Schriftstücke sind nur auf hochwertigem weißen Papier anzufertigen.
- Als Schriftart ist "Arial" zu bevorzugen, in zweiter Linie auch "Times New Roman".
- Die Dokumente/Schriftstücke sind bei der Verwendung von Kopfbogen ab der Anrede (also erst nach der Anschrift und dem übrigen Kopf des Schreibens) in Schriftgröße 16 zu erstellen (der Kopf weiterhin in Schriftgröße 12, da es ansonsten zu irritierenden Verschiebungen der Zeilen kommt).
Umrandungen (Rahmen), Fettdruck, Sonderzeichen usw. spielen für den stark sehbehinderten Menschen, der mittels Lesehilfen noch lesen kann, keine entscheidende nachteilige Rolle.
Für blinde Menschen, die über ein geeignetes elektronisches Vorleseprogramm (Screenreader) verfügen, gilt das Folgende:
- Es ist ebenfalls generell nur hochwertiges weißes Papier zu verwenden.
- Dokumente/Schriftstücke sind grundsätzlich mit Fließtext zu erstellen. Dabei sollten manuelle Zeilenschaltungen nur für Absätze und Aufzählungen vorgenommen werden und die automatische Silbentrennung eingeschaltet sein.
- Eine Änderung der üblichen Schriftgröße 12 ist nicht notwendig.
- Einzelne Wörter sollten grundsätzlich nicht gesperrt geschrieben, mit Leertaste zwischen den Buchstaben versehen oder durch Fettdruck, Unterstreichen oder Kursivschrift auf dem Text hervorgehoben werden. Es sollten auch möglichst keine grafischen Sonderzeichen/Symbole verwendet werden.
- Spaltentexte, wie z. B. in einem Zeitungsartikel (also aufgeteilt in rechte und linke Spalte), sind zu vermeiden.
- Als Word-Dokument zur Verfügung gestellte Formulare sind zum besseren Verständnis mit einem entsprechenden Vorspann und speziellen Erläuterungen/Anweisungen zum Ausfüllen des Vordrucks zu versehen.
- Falls Antworten oder Eintragungen im Vordruck gefordert werden, sollte dies durch ein Symbol, am besten durch ein *, gekennzeichnet sein.
Die allgemein übliche Möglichkeit, Fragen durch Ankreuzen eines Kästchens zu beantworten, ist durch die Formulierung "Bitte antworten Sie mit ja oder nein" zu ersetzen (Angabe eines zusätzlichen * und Klammerzusatz).
Beispiel: (Bitte antworten Sie mit Ja oder Nein):*
Zur weiteren Verdeutlichung schauen Sie sich bitte die Musterbescheide an.
Zum Ausdruck eines Dokumentes auf einem Braille-Drucker (Ausgabegerät für Blindenschrift) ist das Programm Winbraille erforderlich, um z. B. ein Word-Dokument in die Blindenschrift zu konvertieren. Weil der Drucker beidseitig druckt, sollte ein Zeilenabstand von 1,5 (nicht einfacher Zeilenabstand) eingehalten werden. Word-Dokumente, in denen Drop Down Elemente ("Formular") enthalten sind, werden von dem Drucker nicht erkannt und umgesetzt. Gleiches gilt für Hervorhebungen (Fettdruck oder Unterstreichen). Der Braille-Drucker darf nicht zusammen mit anderen 10 Druckern (z. B. als Erst- oder Zweitdrucker) an einen PC angeschlossen werden.
Zur Brailleschrift und in diesem Zusammenhang zur Blindenpost ist anzumerken, dass wegen der unentgeltlichen Beförderung als Blindenpost die Möglichkeit besteht, dass eine Kontrolle dieser Post durch das Beförderungsunternehmen erfolgt. Somit könnte auf diesem Wege gegen den Datenschutz schon deshalb verstoßen werden, weil die Dokumente zusätzlich in jeweils normaler Schrift mit zu erstellen und zu versenden sind
(siehe unten "Wirkung der Dokumente"). Folglich ist grundsätzlich der normale Beförderungsweg mit Portozahlung zu wählen.
Der Wunsch sollte so frühzeitig wie möglich geäußert werden, damit er von den Behörden im Verwaltungsverfahren berücksichtigt werden kann. Eine bestimmte Form ist hierbei nicht einzuhalten. Die Behörden müssen erkennen können, dass die Berechtigten eine besondere Form der Zugänglichmachung wünschen. Der Wunsch wird grundsätzlich nur im laufenden Verwaltungsverfahren berücksichtigt und ist daher in weiteren Verfahren erneut zu äußern. Den Behörden wird empfohlen, auf den Anspruch der Berechtigten nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LGGBehM in Bescheiden und bei Veröffentlichungen (z. B. auf der Homepage) hinzuweisen.
Soweit möglich, sollen den Berechtigten die Dokumente gleichzeitig mit der Bekanntgabe des Originals in Normalschrift auch in der für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden. Für die Rechtswirkungen von Dokumenten ist die Bekanntgabe des Originals in Normalschrift maßgebend, so dass Fristen damit zu laufen beginnen. Bei unverschuldeter Fristversäumung kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht.
In Anbetracht der Höhe der Kosten erscheint die Ausstattung aller Dienststellen, beispielsweise mit der notwendigen Hard- und Software für den Braille-Druck, nicht wirtschaftlich, weil die Inanspruchnahme des einzelnen Druckers eher gering sein wird. Bereits ausgestattete Dienststellen sollten diese Druckausgaben als Dienstleistung für andere Dienststellen anbieten. Bei Bedarf stehen unter Umständen auch die bereits beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (siehe Schlusswort) vorgehaltenen Braille-Drucker zur Verfügung. Den Berechtigten entstehen durch die besonderen Formen, in denen ihnen Dokumente zugänglich gemacht werden, keine zusätzlichen Kosten.